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  • AutorenbildRA Klauser

Vergewaltigung einer Prostituierten

Das Landgericht Braunschweig verurteilte einen Mann wegen Vergewaltigung zu 6 Jahren Freiheitsstrafe. Der Bundesgerichtshof fand keinen Fehler zum Nachteil des Angeklagten und verwarf seine Revision als offensichtlich unbegründet. Kein ungewöhnlicher Vorgang für die Strafjustiz. Trotzdem ist die Sache einen Bericht wert.


Normalerweise sind Entscheidungen, mit denen Revisionen als offensichtlich unbegründet verworfen werden, nicht länger als der Satz, der eben dieses Ergebnis ausspricht. Eine Begründung verlangt das Gesetz in solchen Fällen nicht. Deshalb unterbleibt sie in aller Regel auch. Hier war es anders: Der Bundesgerichtshof nutzte die Gelegenheit des Einzelfalls, um etwas Grundsätzliches mitzuteilen, obwohl es für die Entscheidung nicht darauf ankam. Juristen nennen das obiter dictum (lat. nebenbei Gesagtes).


In einem Punkt war die Entscheidung des Landgerichts nämlich doch fehlerhaft: Das Landgericht hatte dem Angeklagten zugutegehalten, dass das Opfer der Vergewaltigung als Prostituierte gearbeitet und sich vor der Tat zum geschützten Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten bereiterklärt hatte. Das lasse die Tat in einem milderen Licht erscheinen, so das Landgericht. Dem trat der Bundesgerichtshof in aller Deutlichkeit entgegen. Der neue § 177 StGB, der die Vergewaltigung unter Strafe stellt, schütze die sexuelle Selbstbestimmung gegen jedes Hinwegsetzen über den entgegenstehenden Willen des Opfers. Aus welchen Gründen das Opfer die sexuelle Handlung ablehne, spiele keine Rolle. Vor diesem Hintergrund sei eine Unterscheidung von Prostituierten und "unbescholtenen Frauen" mit dem Schutzzweck des § 177 StGB nicht zu vereinbaren (BGH Beschl. v. 9.8.2022 - 6 StR 279/22).


Erfolg hatte die Revision des Angeklagten durch den Fehler des Landgerichts trotzdem nicht. Dass das Landgericht es als mildernd ansah, dass die Geschädigte als Prostituierte arbeitete, hatte sich nämlich nicht zum Nachteil des Angeklagten, sondern zu seinen Gunsten ausgewirkt. Eine fehlerfreie Entscheidung hätte ihn nicht besser gestellt.

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